Gesunde Ernährung ist – theoretisch – in aller Munde. Nur an der Umsetzung hapert’s. Wird es stressig, wandern auf die Schnelle die falschen Dinge in den Mund und der Körper reagiert unerbittlich auf Pizza, Schokoriegel, belegte Brötchen und Co. Dr. Tina Peters wird häufig von Patientinnen und Patienten gefragt, wie sie Heißhunger-Attacken und ihr Gewicht in den Griff kriegen – nicht nur, wenn’s um Fettabsaugungen und die Zeit danach geht. Die Fachärztin holte sich professionellen Input von Ernährungscoach Yvonne Cordes-Schröder und hakte nach:
Manche essen, was sie wollen, bei anderen heftet sich jedes Gummibärchen an die Hüfte. Sind die Gene für den Stoffwechsel verantwortlich oder der Lebensstil?
Yvonne Cordes-Schröder: Beides. Jeder verbraucht unterschiedlich viel Energie zum Erhalt seiner Körperfunktionen. Einige können z.B. Kohlenhydrate besonders gut verstoffwechseln, andere nicht. Das ist teils genetisch bedingt, wie durch eine starke Muskulatur, die sich positiv auf den Stoffwechsel auswirkt. Im Gegensatz dazu verbrauchen manche von Natur aus weniger Energie. Damit muss man sich aber nicht abfinden. Einen Teil davon haben wir selbst in der Hand.
Welche Stoffwechsel-Typen gibt es denn?
Wir unterscheiden zwischen den Stoffwechseltypen ektomorph (dünn und groß), endomorph (rundlich) und mesomorph (muskulös). Auf die Veranlagung ist aber kein 100-prozentiger Verlass. Ernähren wir uns falsch, retten uns auch gute Gene nicht vor überschüssigen Pfunden.
Gibt es Tipps die jedem helfen?
Viel trinken, mindestens zwei bis drei Liter Wasser oder ungesüßten Tee am Tag. Das kann unseren Stoffwechsel schon zu 50 Prozent beschleunigen, um die Fettverbrennung in Gang zu setzen. Und Bewegung. Dadurch werden Muskeln aufgebaut, die den Grundumsatz steigern.
Welche Nahrungsmittel aktivieren den Stoffwechsel am besten?
Wasser, Kräutertees, Matcha (gestoßener, grüner Tee) und vor allem basische Kost. Warmes Gemüse hält unseren Stoffwechsel auf Trab. Auch eiweißreiche Mahlzeiten, ca. 150 bis 200 g pflanzliche oder tierische Proteine, wirken sich positiv aus, weil Proteine den größten Einfluss auf den thermischen Effekt der Nahrung haben. Sprich, sie heizen den Stoffwechsel an, genau wie die Gewürze Ingwer, Zimt, Chilli, scharfe Paprika, Kurkuma und schwarzer Pfeffer. Eine Handvoll Kohlenhydrate wie Naturreis, Vollkornnudeln oder Linsennudeln dürfen auch auf den Teller. Aber lediglich ein Viertel des Tellers sollte – als Beilage – mit Kohlenhydraten belegt sein. Zu viel davon kann zur so genannten „Fressnarkose“ führen.
Was stresst den Stoffwechsel?
Stress, schlechter Schlaf und ungesunde Essgewohnheiten. Zucker in allen Formen, auch der in vermeintlich gesunden Nahrungsmitteln wie süßen Früchten, und Weißmehlprodukte bremsen den Stoffwechsel aus und machen ihn auf Dauer träge.
Was sind die Todsünden, die den Stoffwechsel ruinieren können?
Zu viel Einfachzucker wie industriell verarbeitete Süßigkeiten, zu viel Salz, Fastfood mit ungesunden Fetten und auch Alkohol. Ein Glas Rotwein hemmt bereits zu 50 Prozent unser „Abnehmhormon“, zwei Gläser zu 100 Prozent. Am schlimmsten sind aber ständige Diäten. Viele hungern sich von einer Diät zur nächsten und zerstören genau durch diese Diätenkarriere ihren Stoffwechsel.
Also der berühmte Jo-Jo-Effekt…
…genau. Er entsteht, wenn wir uns phasenweise z.B. unterkalorisch ernähren. Wir nehmen dem Körper eine Zeitlang essenzielle Nährstoffe weg, die der Stoffwechsel aber braucht. Er verbrennt dann meistens wichtiges Muskelgewebe, statt des gewünschten Körperfettes am Bauch, an den Oberschenkeln oder am Po. Nach der Diät fallen die meisten wieder in ihre alten Ernährungsmuster zurück, was auch verständlich ist, denn im Verzicht zu leben macht keinen Spaß – und ist auch nicht gesund.
Wie komme ich aus dem Jo-Jo-Effekt heraus?
Den eingeschlafenen Stoffwechsel langsam wieder aufwecken. Das erfordert Geduld und funktioniert so: die Ernährung umstellen, kontrolliert essen, den Grundumsatz durch viel Bewegung steigern, leere Kalorien vermeiden. Wer in der Diätenspirale gefangen ist und allein nicht herausfindet, sollte sich die fachliche Unterstützung eines erfahrenen Ernährungscoaches suchen.
Was unterstützt einen aktiven Stoffwechsel noch?
Sauerstoff ist ein echter Fettburner, wenn wir richtig atmen. Bewegung an der frischen Luft ist super. Schon moderates Walking bringt viel. Im stetigen Wechsel tief durch die Nase einzuatmen und lange aus dem Mund auszuatmen, ist Gold wert.
Welche Lebensmittel sind besonders nährstoffdicht?
Gut sind Lebensmittel, die aus komplexen Kohlenhydraten bestehen, wie die Pseudogetreide Buchweizen, Hirse, Quinoa, Grünkern und Hafer. Sie lassen den Insulinspiegel langsam steigen und sinken. Das schützt vor Heißhungerattacken und die Ballaststoffe unterstützen unseren Darm, befreien ihn von überschüssigen Bakterien und Pilzen. Das ist ideal für unser Immunsystem und den Fettstoffwechsel. Apropos: Gesunde Fette enthalten Omega-3-Fettsäuren und sind essenziell für unseren Fettstoffwechsel. Enthalten sind sie in Avocados, Oliven, Olivenöl, Butter, Kokosfett, fettigem Fisch, Nüssen und Eiern. Auch gute Proteine sind ein Garant für einen funktionierenden Fettstoffwechsel und den Hormonhaushalt. Sie stecken z.B. in Geflügel, Fisch, Nüssen, Käse und Hülsenfrüchten.
Welche Rolle spielt die Qualität der Lebensmittel?
Eine sehr wichtige. Bioprodukte und frische Lebensmittel können besser verstoffwechselt werden, da sie mit weniger Schadstoffen und Emissionen in Berührung gekommen sind. Die Kriterien saisonal und regional spielen ebenfalls eine große Rolle, denn viele exotische Früchte aus dem Ausland haben durch die zu frühe Ernte nicht die Vitamine produzieren können, die wir uns von den Früchten versprechen. Und sie enthalten viel Fruchtzucker, der unserem Stoffwechsel nicht bekommt.
Was kann ich meinen Patientinnen und Patienten kurz und knapp sagen?
Keine kurzfristigen Ziele setzen, sondern für langfristige Erfolge und Wohlgefühl mit dem Umdenken starten und die Ernährung umstellen. Mehr Eiweiß in die Ernährung einbauen, gesunde Fette, komplexe Kohlenhydrate, genügend Flüssigkeit, weniger Zucker essen, mehr Sport treiben, auf Junk Food verzichten, beim Alkohol aufpassen – und dem Wunschkörper steht nichts im Weg!